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Objekt des Monats


März 2023

Guckkastenblätter - Die Lust des Schauens im 18. Jahrhundert


1. Paris. - Jardin du Luxembourg
"Le Jardin, et le Palais du Luxembourg, a Paris".
Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Daumont in Paris. Um 1770. 28:42,2 cm. - Papierquetschfalte im Himmel. Verso alte Montagespuren. - Dekoratives Kolorit.   € 260,-

2. Florenz. - Gesamtansicht.
"Vista General de la Ciudad de Florencia, desde el Convento de los Capucinos". Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Huquier in Paris. Um 1780. 27,3:40,4 cm.
Etwas knittrig und hinterlegte Einrisse im weißen Papierrand.   € 340,-

3. London. - Themse mit St. Paul.
"Vue de la Ville et du Port des Londres". Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Basset in Paris. Um 1780. 27:40 cm. - Kartoniert, mit Wasserändern, Flecken und einem Teilstempel.   € 230,-

4. Dresden. - Schloss Pillnitz.
"Ansicht des Königl Lust=Schlosses Pilnitz". Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Carmine in Augsburg. Um 1800. 30,2:40,2 cm. - Ritter et al., Die Guckkastenblätter des Augsburger Kunstverlegers Joseph Carmine, in: Gestochen in Augsburg, S. 203. - Vollrandiges Blatt.   € 320,-

5. Nürnberg. - Rathaus.
"Das Rathaus zu Nürnberg gegen dem Marckt". Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Probst in Augsburg. Um 1770. 31,5:41,2 cm. - Unten bis in den Plattenrand beschnitten und angerändert. Oben handschriftliche Zahl. Geglättete Faltspur. Sonst gut erhalten.   € 220,-

6. Berlin. - Gesamtansicht.
"Vue Généralle de la Ville de Vienne". Guckkastenblatt. Altkolorierter Kupferstich. Bei Basset in Paris. Um 1780. 27,2:39,6 cm. - Kopie der Ansicht von Werner. Fälschlicherweise als Wien bezeichnetes Blatt. - Zwei hinterlegte Einrisse im weißen Papierrand. Schwache Knitterspuren. Insgesamt ordentlich erhaltenes Blatt.   € 290,-

Die Welt der Guckkastenblätter

Wer heute etwas von der Welt sehen will, kann dies unter anderem mittels eines Computers oder Mobiltelefons tun. Zahlreiche Plattformen, oftmals den sogenannten sozialen Medien zuzuordnen, bieten mit einem "Blick in einen Kasten" Bilder und Videos aus aller Welt und allen Lebensbereichen.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, also einer Zeit lange vor Internet, Fernsehen,
Kino etc. gab es ein Medium, welches ebenso mittels eines Kastens einen Blick in die Welt möglich machte. Es war die Zeit der Guckkästen.

Guckkästen und die dazugehörigen Guckkastenblätter waren (und sind) ein Blick in die Welt. In einer Zeit ohne preiswerte Bildbände, Fernseher und Internet war der Blick in die Welt – bzw. andere Welten als die des Betrachters – nur Wenigen vorbehalten. Reisen war teuer, oder zumindest sehr mühselig und gefährlich, und Bücher, mit oder ohne Bilder, für viele nicht erschwinglich.

Da war man froh, wenn ein Geschichtenerzähler von einer anderen Welt erzählte, ein Bänkelsänger eine Moritat, am besten mit bildlicher Unterstützung, vortrug oder eben ein Guckkästner einen, oftmals vom Schausteller erklärend untermalten Blick in die nahe oder weite Ferne ermöglichte.

Der Guckkästner war Schausteller, der mit seinem Guckkasten auf Festen und Jahrmärkten anzutreffen war und dort dem geneigten Publikum den Blick in seinen geheimnisvollen Kasten ermöglichte. Durch eine oder zwei Linsen konnte der Betrachter, direkt oder gespiegelt, Bilder der unterschiedlichsten Art betrachten.

Da gab es insbesondere Bilder von fremden Ländern, Städten und Völkern. Aber auch Bilder von Katastrophen, von Kriegen und anderen wichtigen Ereignissen waren dabei. Eben alles, was das Publikum (hoffentlich) sehen wollte. Die mehr oder weniger naturgetreuen Darstellungen waren meist koloriert, wenngleich häufig etwas grob und oftmals sogar mit Schablonen ausgeführt, und hatten beigefügte Titeleien, die der Schausteller dem Publikum zur Kenntnis bringen konnte. Manche Guckkastenmänner hatten sogar Bilder, bei denen die Fenster von Gebäuden oder andere Stellen kleinteilig ausgeschnitten und mit buntem transparenten Papier hinterlegt waren. So konnte durch eine dahinter platzierte Lichtquelle eine hübsche Illumination erzeugt werden.

Insbesondere um die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts scheint dies ein erfolgreicher Geschäftszweig gewesen zu sein. Gleich mehrere Verlage begannen mit der Produktion der, zuweilen auch für die Guckkästen mit Spiegeloptik seitenverkehrten, Kupferstiche, welche die Schausteller benötigten. Schließlich begannen sogar verschiedene Unternehmen in der "Bilderfabrik Europas", in Augsburg, mit der Produktion von Guckkastenblättern.

Eine große Anzahl dieser Blätter wurde ge- und auch verbraucht. Dennoch sind zahlreiche Blätter erhalten, wenngleich meist mit Gebrauchsspuren. Neben den erwähnten Ausschnitten zur Illumination, wurden viele Blätter auf Karton aufgezogen, randverstärkt oder nach intensivem Gebrauch repariert und ergänzt. Deshalb sind tadelfrei erhaltene Blätter eher selten. Wir finden jedoch, dass gerade die Gebrauchsspuren, im Gegensatz zu anderen Bereichen der Graphik, bei den Guckkastenblättern einen Teil der Authentizität ausmachen.

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